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Nachrichten 3. Sonntag in der Passionszeit (Judika)
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3. Sonntag in der Passionszeit (Judika)
Predigt
Gebet
Vater unser
Segen

  

Predigt
  

Seid fröhlich in Hoffnung,
geduldig in Trübsal,
beharrlich im Gebet.

(Römer 12, 12)

  

  

Liebe Gemeinde!
  
Es sind mitunter verstörende Bilder, die uns in diesen Tagen durch die Nachrichten erreichen. Ein Nachrichtenportal im Internet zeigte in dieser Woche einen großen Raum voller Krankenbetten. Daneben stehen Särge. Beim genauen Hinsehen erkenne ich, dass in den Betten Verstorbene liegen. Sie sind in weiße Bettlaken eingewickelt. Militärfahrzeuge bringen die Verstorbenen in Italien hinaus zu den Krematorien und Friedhöfen. Alles muss schnell gehen. Ein Abschiednehmen der Angehörigen vom Verstorbenen ist nicht mehr möglich.

Ich hoffe und bete, dass wir in unserem Land davon verschont bleiben. Doch auch bei uns hat sich der Abschied auf den Friedhöfen verändert. Nur wenige dürfen an den Trauerfeiern unter freiem Himmel teilnehmen. Gerade dann, wenn Beistand und Anteilnahme so wichtig sind, stehen die nächsten Angehörigen in diesen Tagen alleine am offenen Grab.

Wir erleben eine Passionszeit, die für viele Menschen nicht leidvoller sein kann. Das Leiden und Sterben Jesu und das Leiden und Sterben in der Welt berühren sich und gehören zusammen.

In ihrer Angst und Hilflosigkeit, in ihrem Schmerz und ihrer Trauer angesichts der Katastrophe fragen Menschen: Wo ist nun Gott? Andere drohen ihren Glauben zu verlieren oder haben ihn schon verloren.

„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Diese Worte überliefert uns das Matthäusevangelium als den letzten Schrei Jesus zum Himmel als er am Kreuz hing und die Welt um ihn herum immer dunkler wurde.

Es ist ein bitterer Schrei. Und vielleicht wollen wir diesen Schrei gerade von Jesus gar nicht hören. Gerade er, durch den sich Gott der Welt zeigen will, darf doch nicht an der Nähe Gottes zweifeln!

Und dennoch: Gerade mit diesem verzweifelten Schrei zum Himmel kommt Jesus den Menschen nah, die genauso wie er – laut oder stumm – in ihrer Not zum Himmel schreien. Er stellt sich neben sie, ist bei ihnen. So kommt Gott den Leidenden nah und wischt ihre Not nicht einfach mit frommen Sprüchen beiseite. Weil Jesus geschrien hat, müssen Menschen ihre verzweifelten Rufe nicht verbergen, denn sie rufen gemeinsam mit dem Gekreuzigten zum Himmel.

Und sehe ich das Bild aus dem italienischen Krankenhaus, dann denke ich daran, dass auch Jesus eilig in Leinentücher eingewickelt und im engsten Kreis eilig zu Grabe getragen wurde. Auch den Verstorbenen ist er nah. Er ist bei ihnen.

Das Leiden und Sterben Jesu, seine Angst und Zweifel kommen uns in dieser Passionszeit in außergewöhnlicher Weise nah. Es tut gut, in unsicheren und dunklen Zeiten nicht allein zu wissen. Gott kennt unsere Not und er hört, wenn wir schreien und rufen oder still beten.

Und da kommt mir noch ein anderes Bild in den Sinn, das mich in dieser Woche berührt und nachdenklich gemacht hat: Es zeigt zwei Sanitäter bei einem Krankenwagen in Israel. Beide sind im Gebet versunken. Der eine kniet auf einem Teppich und verneigt sich in Richtung Mekka. Der andere trägt einen Gebetsschal. Ein Jude und ein Moslem beten innig nebeneinander. Das Gebet in der Not verbindet – über alle Differenzen hinweg. Auch Christen in Deutschland und überall in der Welt rufen täglich die Glocken zum Gebet. Vor Gott denken breiten wir unsere Sorgen und Ängste aus und bitten für die Menschen in der Welt, die seine Nähe jetzt besonders nötig haben.

Beten verbindet. Und Beten richtet unseren Blick über diese Welt hinaus auf Gott hin. Wir vertrauen darauf, dass er Möglichkeiten hat, wo wir nicht mehr weiterwissen und ans Ende kommen. Und er hört uns!

Gott hat auch den verzweifelten Schrei Jesu am Kreuz nicht überhört. Er hat ihn beantwortet – am Ostermorgen. Und seit Ostern dürfen wir wissen, dass niemand von Gott verlassen ist. Wir nicht mit unserer Sorge und Trauer, und auch die nicht, die wir in Gräber legen müssen. Gott ist immer auch da, wo wir ihn nicht mehr vermuten, und er schafft neues Leben, wo wir es nicht mehr für möglich halten.

Amen.

  





Erstellt am Sonntag, 29. März 2020
Zuletzt aktualisiert am Sonntag, 29. März 2020